Corona-Briefe #3
In meinem Brief an den Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder vom 10.11.2020 empfahl ich den Einsatz von Verstärkerbussen zu den Stoßzeiten der Schülerbeförderung sowie die Einführung ein Lüftungskonzept für den ÖPNV. Zudem regte ich an, in der bayerischen Infektionsschutz-maßnahmenverordnung klarzustellen, dass den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vom Arbeitgeber in ausreichender Zahl Mund-Nasen-Bedeckungen und bei Bedarf FFP2-Atemschutzmasken zur Verfügung gestellt werden müssen. Hier der Brief im Wortlaut:
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Herrn
Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder
Bayerische Staatskanzlei
Franz-Josef-Strauß-Ring 1
80539 München
Corona-(SARS-CoV-2)-Pandemie, hier: Maßnahmen zur Reduzierung des Infektionsrisikos
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
die Zahl der Menschen, die sich mit dem Corona-Virus anstecken und an COVID-19 erkranken, nahm in den vergangenen Wochen deutlich zu. Auch die Zahl schwerer Krankheitsverläufe steigt. Die Kontaktnachverfolgung ist nicht mehr in jedem Fall sichergestellt. Das Gesundheitswesen droht zu überlasten. Die dort Beschäftigten arbeiten vielerorts bereits jetzt am Limit. Ich befürworte und unterstütze daher Ihre Bemühungen, dass Infektionsgeschehen zu bremsen – auch wenn ich einzelne beschlossene Maßnahmen kritisch sehe.
Laut SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel vom 20.08.2020 Ziffer 4.1 Absatz 1 haben am Arbeitsplatz zur Senkung des Infektionsrisikos „technische Maßnahmen Vorrang vor organisatorischen Maßnahmen und diese wiederum Vorrang vor personenbezogenen Maßnahmen“. Soweit das Infektionsrisiko nicht anderweitig gesenkt werden kann, kommt am Arbeitsplatz auch das Tragen von Mund-Nase-Bedeckungen (MNB) und von filtrierenden Halbmasken (z.B. FFP2-Masken) in Betracht, was über eine Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln ist. Die MNB und die filtrierenden Halbmasken sind den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vom Arbeitgeber bereitzustellen (vgl. SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel vom 20.08.2020 Ziffer 4.1 Absatz 3). Ist wegen der Infektionsgefährdung das Tragen von Atemschutzmasken (z.B. FFP2) erforderlich, ist arbeitsmedizinische Vorsorge anzubieten, wenn diese länger als 30 Minuten pro Tag getragen werden (vgl. SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel vom 20.08.2020 Ziffer 5.2.3).
Nach meinem Kenntnisstand ist nicht überall sichergestellt, dass den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vom Arbeitgeber MSB und bei Bedarf FFP2-Masken in ausreichender Zahl zur Verfügung gestellt werden. Das gleiche gilt für ein kurzfristiges Angebot einer entsprechenden arbeitsmedizinischen Vorsorge. Betroffen sind hier auch die Beschäftigten an den bayerischen Schulen. Ich sehe hier dringenden Handlungsbedarf, ergänzend zur erforderlichen Anschaffung und Inbetriebnahme von Luftreinigern zum Filtern der Raumluft.
Ich rege daher an, in der bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung klarzustellen, dass den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vom Arbeitgeber in ausreichender Zahl MNB und bei Bedarf FFP2-Atemschutzmasken zur Verfügung gestellt werden müssen. Zudem muss durch arbeitsorganisatorische Maßnahmen sichergestellt werden, dass im Fall einer Pflicht zum Tragen einer MNB oder FFP2 Maske die aktuell empfohlenen Erholungsphasen von 30 Minuten spätestens nach 3 Stunden Tragedauer eingehalten werden können. (vgl. Stellungnahme des Koordinierungskreises für Biologische Arbeitsstoffe der DGUV vom 27.5.2020, aktualisierte Fassung 7.10.2020).
Zudem rege ich für die bevorstehende kalte Jahreszeit den Einsatz von Verstärkerbussen zu den Stoßzeiten der Schülerbeförderung im ÖPNV an. Ich halte dies für notwendig, um Abstände der Fahrgäste zueinander zu vergrößern und so das Infektionsrisiko auch hier zu senken. Nicht hinnehmbar halte ich, wenn Schülerinnen und Schüler teilweise dicht an dicht im Bus stehen müssen. Eine MNB verbessert den Infektionsschutz, ersetzt jedoch nicht den empfohlenen Mindestabstand. Die Verstärkerbusse könnte ggf. die Reisebusbranche stellen, da touristische Busreisen derzeit nicht stattfinden können.
Um das Infektionsrisiko in Bussen und Bahnen des ÖPNV zusätzlich zu senken, ist zudem ein Lüftungskonzept für öffentliche Verkehrsmittel erforderlich. Darin sollte festgeschrieben werden, dass an allen Haltestellen alle Türen von Bus und Bahn automatisch geöffnet werden, ohne dass Fahrgäste einen Knopf betätigen müssen. Dies wäre eine einfach zu realisierende Maßnahme, um den Luftaustausch zu fördern und Schmierinfektionen beim Betätigen des Knopfs zur Türöffnung vorzubeugen.
Ich bin davon überzeugt, dass mit den vorgeschlagenen Maßnahmen der Infektionsschutz zusätzlich verbessert werden kann und würde mich freuen, wenn Sie meine Anregung prüfen.
Berlin, 10. November 2020
Freundliche Grüße und bleiben Sie gesund!
Andreas Wagner, MdB