Ausbau des ÖPNV und Nulltarif

Andreas Wagner am Redenpult im Plenarsaal des Deutschen Bundestag

Sehr geehrter Herr Präsident!
Verehrte Damen und Herren!
Liebe Bürgerinnen und Bürger!

Es ist ein Armutszeugnis für die Bundesregierung, dass Gerichtsurteile notwendig sind, um die Gesundheit der Bevölkerung vor Schadstoffbelastung zu schützen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts macht das Versagen der Bundesregierung deutlich. Weil die Bundesregierung vor der Autolobby eingeknickt ist, drohen jetzt Fahrverbote für Dieselautos. Ausbaden sollen es die Verbraucherinnen und Verbraucher. Ich sage Ihnen: Das geht gar nicht. Für wen machen Sie eigentlich Politik – für die Bürgerinnen und Bürger oder für die Interessen der Autoindustrie?

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es kann und darf doch nicht sein, dass die Menschen, die in gutem Glauben ein scheinbar sauberes Auto kauften, jetzt den Schaden haben. Wer Abgaswerte manipuliert, der muss auch den Schaden beseitigen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb: Die Autoindustrie muss die Hardware der betroffenen Autos auf eigene Kosten nachrüsten, um den Ausstoß von Schadstoffen zu senken. Wenn sie das nicht aus Anstand und freiwillig macht, dann muss man sie eben dazu verpflichten. Ein Weiter so kann und darf es jedenfalls nicht geben.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wenn wir den Gesundheits- und Klimaschutz ernst nehmen, dann ist es mit dem Nachrüsten von Autos jedoch nicht getan. Wir brauchen ein grundlegendes Umdenken in der Verkehrspolitik.

(Beifall bei der LINKEN)

Verstopfte Straßen in den Innenstädten lassen sich nicht beseitigen, indem Autos durch schadstoffarme Autos ersetzt werden. Wir müssen den Verkehr anders organisieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Dabei müssen wir auch auf die Menschen Rücksicht nehmen und die Menschen im Blick behalten, die kein Geld für ein Auto haben oder die aufgrund ihres Alters oder gesundheitlicher Einschränkungen nicht Auto fahren dürfen. Wir brauchen mehr Platz und Sicherheit für Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer und eine Verbesserung des Angebots von Bussen und Bahnen. Und da gibt es viel zu tun, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Hören Sie sich einmal bei den Fahrgästen um. Hier ein Eintrag aus einem Forum, in dem sich Fahrgäste aus dem Raum München austauschen – ich zitiere –:

„Eigentlich bin ich überzeugter ÖPNV-Nutzer. Allerdings hat sich die Zuverlässigkeit der S7 in den letzten zwei, drei Monaten derart verschlechtert, dass ich mir wohl wieder ein Auto anschaffen werde. Das andauernde Zuspätkommen kann ich mir beruflich nicht leisten.“

Das kann es ja wohl nicht sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn wir wollen, dass mehr Menschen ihr Auto stehen lassen und mit Bus und Bahn fahren, müssen wir die Attraktivität von Bussen und Bahnen verbessern. Wir brauchen mehr Verlässlichkeit und Pünktlichkeit, kurze Taktzeiten, übersichtliche Fahrpläne und ein attraktives Tarifsystem: den Nulltarif!

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist unsere Aufgabe, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass mehr Menschen mit Bussen und Bahnen befördert werden können. Das Angebot öffentlicher Verkehrsmittel muss ausgebaut werden, und – ganz wichtig – auch ländliche Regionen müssen angebunden werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Dafür muss der Bund den Ländern und Kommunen die erforderlichen finanziellen Mittel bereitstellen.

Endlich, wirklich endlich kommt dieses wichtige Thema auch in der Bundespolitik in den Fokus. – Das sind nicht meine Worte; das sind die Worte des Landrats in meinem Wahlkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. Er sagte dies, nachdem bekannt wurde, dass die Bundesregierung über einen Nulltarif im öffentlichen Personennahverkehr nachdenkt. Recht hat er.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Debatte über einen Nulltarif ist längst überfällig. Wir wollen, dass Fahrkartenautomaten und die oft komplizierten Tarifsysteme der Vergangenheit angehören und dass gilt: Einfach einsteigen! – Und ja, der Nulltarif lässt sich finanzieren. Ein Konzept hierzu haben wir bereits vorgelegt.

Frau Ministerin Hendricks, Herr Minister Schmidt, Herr Minister Altmaier, wir nehmen Sie beim Wort. Es darf nicht beim Nachdenken über einen Nulltarif im öffentlichen Personennahverkehr bleiben. Wir wollen Taten sehen. Bringen Sie den Nulltarif auf den Weg, und legen Sie zügig ein Umsetzungs- und Finanzierungskonzept vor!

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

  1. März 2018
 
  Kategorie: Bundestagsreden · Reden